Dr. Peter Lock
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letzte Änderung:03.01.2011
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Historische Erfahrungen

Rüstungskonversion – zwischen Ideologie und Realität

Nach beiden Weltkriegen war es deutschen Unternehmen untersagt, Rüstungsgüter herzustellen. Entsprechend waren Unternehmen, die sich in der Rüstungsfertigung engagiert hatten, gezwungen, ihr Fortbestehen durch die Produktion ziviler Güter zu sichern. Zunächst jedoch wurde jeweils der größte Teil der Belegschaft entlassen. In dieser Zwangslage haben die betroffenen Unternehmen engagiert die Entwicklung ziviler Produkte vorangetrieben. In den Firmengeschichten deutscher Waffenhersteller finden sich lange Listen mit Produkten, mit denen Waffenhersteller sich auf zivilen Märkten zu behaupten suchten. Sie reichen von Landmaschinen (Rheinmetall nach dem 1. Weltkrieg) bis zu mechanischen Rechenmaschinen (Walther nach dem 2. Weltkrieg) und einem Kabinenroller (Messerschmitt). Häufig gelang es jedoch nicht, sich mit derartigen Konversionsprodukten am Markt durchzusetzen. Sobald die Produktionsverbote aufgehoben wurden, nahm man in der Regel die Fertigung von Rüstungsgütern wieder auf.
Ganz anders war die Situation in den USA nach dem 2.Weltkrieg. Die amerikanische Wirtschaft war nach einer tiefgreifenden und lange anhaltenden Krise innerhalb ganz weniger Jahre auf Kriegsproduktion umgestellt und in Vollbeschäftigung gebracht worden. Viele der aus dem Boden gestampften Fabriken wurden mit staatlichen Mitteln errichtet, aber privaten Unternehmen zur Nutzung überlassen. Mit dem Kriegsende bestand die Aufgabe darin, eine erneute Wirtschaftskrise durch den Wegfall der Rüstungsgüternachfrage und Arbeitslosigkeit der zurückkehrenden Kriegsteilnehmer zu verhindern. Die enorme rüstungsindustrielle Expansion war im wesentlichen durch eine kurzfristige Umstellung ziviler Industrien bewerkstelligt worden, so daß Konversion vor allem ein Problem der Nachfragesteuerung war, eine Umstellung des erfolgreich praktizierten Rüstungskensianismus auf zivile Nachfrage und Beschäftigungssicherung. Eine expansive Steuerung der Binnennachfrage wurde mit Qualifizierungs- und Ausbildungsprogrammen für Kriegsteilnehmer und Exportförderung (Marshallplan) ergänzt, so daß insgesamt eine sanfte Landung der Kriegswirtschaft gelang.

Die Konversionsdebatte während des Kalten Krieges

Bis in die siebziger Jahre war Rüstung eine Art Selbstläufer. Rüstungstechnologie wurde zur Arena stilisiert, in der die Systemkonfrontation entschieden werden würde. Die Sowjetunion wurde als eine aggressiv expandierende Weltmacht porträtiert. Die Dritte Welt galt als Schachbrett, auf dem die Konfrontation in Stellvertreterkriegen ausgetragen wurde. Allerdings hatte die beiderseitige Kumulation von Massenzerstörungswaffen zu so gefährlichen Situationen geführt, daß man nach der Kubakrise mit zunächst zaghaften Rüstungskontrollverhandlungen begann. Langsam nahm die Kritik am scheinbar zügellosen Rüstungswettlauf eine differenzierte Gestalt an und stellte die an technologischen Möglichkeiten orientierte Rüstungspolitik politisch in Frage. Mit dem Nachdenken über eine Einhegung der Rüstungsdynamik wurden Konversion und alternative Ressourcenverwendung zum Gegenstand breiter politischer Diskussion. Vom linken, kapitalismuskritischen Lager wurde das wohlfahrtsstaatliche Potential einer alternativen Ressourcenverwendung plakatiert, indem man Kampfflugzeuge gegen Kindergartenplätze aufrechnete. In einem Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen war 1978 erstmals von extrem schädlichen sozialen Folgen des Rüstungswettlaufs die Rede, der zudem einen wirtschaftlichen Ausgleich zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden verhindere. In Europa reklamierte Willy Brandt als Vorsitzender der Nord-Süd Kommission machtvoll die durch Rüstungskontrolle freiwerdenden Mittel für Entwicklung. Ende der achtziger Jahre schließlich war der Begriff Friedensdividende plötzlich in aller Munde. Die politische Euphorie, ob der durch Abrüstung freiwerdenden Mittel erreichte mit der Implosion der Sowjetunion schließlich ihren Höhepunkt. Im Bericht zur menschlichen Entwicklung des Jahres 1992 wurde eine globale Friedensdividende von 10 Trillionen Dollar für die gesamten neunziger Jahre vorausgesagt.

Das alternativlose Beharrungsvermögen der rüstungsindustriellen Lobby

Während die Rüstungsindustrie in den USA in den achtziger Jahren unter Reagan eine Boomphase erlebte, kam der Sektor vor allem in Europa unter Legitimationsdruck. Dem stand die lange wenig hinterfragte Selbstdarstellung der Rüstungsindustrie als Innovationsmotor entgegen. Die Entwicklung militärischer Hochtechnologie sei für die Aufrechterhaltung der nationalen wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit geradezu unverzichtbar, behauptete die Rüstungslobby. Mit diesem Argument wurde die längst überfällige Konsolidierung des Rüstungssektors innerhalb der NATO verhindert. Erklärtes Ziel der Rüstungspolitik blieb es, umfassend nationale technologische Kompetenz vorzuhalten. Rüstungsbeschaffung wurde so simultanpolitisch als nationale Technologiepolitik verkauft. Vom Komputer bis zur Teflonpfanne wurden zahlreiche zivile Produkte angeführt, die aus militärischer Pionierforschung hervorgegangen seien. Mit anderen Worten: Wehe dem, der danach trachtete, diese Quelle des Fortschritts durch Konversion zu vernichten.
Diese Argumentation entwickelte sich zwangsläufig in einen Widerspruch mit der beständigen politischen Inszenierung einer militärischen Bedrohung durch die Sowjetunion und den Warschauer Pakt, derenthalben eine Rationalisierung der Rüstungsbeschaffung ("value for money") unbedingte Priorität hätte haben müssen.
Aus einem Bündel von Besonderheiten des militärischen Beschaffungswesens haben sich militärische und zivile Fertigung organisatorisch im Verlaufe des Kalten Krieges weit auseinander entwickelt. Hierzu zählen militärische Geheimhaltung, die Informationsflüsse behindert; politische Überprüfung der Belegschaft; Produktionsüberwachung und Qualitätskontrollen durch aufgeblähte Beschaffungsbürokratien; zentrale Rolle großer staatlicher militärischer Forschungseinrichtungen (jedoch nicht in Deutschland!); Übertragung von unternehmerischen Risiken, z.B. bei der Entwicklung, auf den staatlichen Auftraggeber durch Vertragsgestaltung (Kosten-Plus); extrem lange Produktentwicklungszeiten u.a. wegen der Betonung technologischer Leistungsmerkmale und Vernachlässigung der Fertigungskosten bei Beschaffungsentscheidungen; alleinige Abhängigkeit vom staatlichen Auftraggeber, auch beim Zugang zu den umkämpften und stark subventionierten Exportmärkten; extrem hohe Markteintrittsbarrieren; u.a.m.
Die so gewachsenen Betriebsstrukturen lassen eine auf zivile Märkte gerichtete Produktdiversifizierung allein wegen vergleichsweise hoher Fertigungskosten kaum zu. Hinzu kommen erhebliche Markteintrittskosten bei neuen Produkten. Daher ist es beinahe zwangsläufig, daß die Rüstungsbranche ständig in den Vorzimmern der Politik präsent ist, um überlebensnotwendige Anschlußaufträge einzuwerben. Im Exportgeschäft wird allgemein mit 10-20 % der Auftragssumme als Schmiergeld veranschlagt. Indizien hierfür finden sich auch in Deutschland in Strafverfahren und im "Abtauchen" eines Staatssekretärs. Normale marktwirtschaftliche Mechanismen haben bei der Rüstungsbeschaffung nur eine begrenzte Wirkung. An ihre Stelle tritt eine weitgehende Politisierung der Beschaffungsentscheidungen, die nicht selten auch die militärische Bedarfsplanung beeinflußt.

Rüstungsbeschaffung als Industrie- und regionale Strukturpolitik

Der Kriegsschiff- und der Militärflugzeugbau zeichnen sich dadurch aus, daß militärische Großprojekte auch unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Subventionierung ziviler Wettbewerbsfähigkeit vergeben werden. Die bewußte Streuung und zeitliche Plazierung von Aufträgen im Marineschiffbau wurde häufig mit Stützung strukturschwacher Werftstandorte und der konterzyklischen Auslastung und Sicherung deutscher Werften im internationalen Wettbewerb im Handelsschiffbau entschieden. Beschaffungsentscheidungen im Militärflugzeugbau, wie zuletzt die Entscheidung für den A 400, waren immer auch auf eine Absicherung der Konkurrenzfähigkeit des zivilen Flugzeugbaus in Europa gegenüber Boeing gerichtet. Unter dem Gesichtspunkt militärischer Leistungsfähigkeit und Kosten wäre regelmäßig ganz anders zu entscheiden gewesen. Im Falle der zivilen Luftfahrtindustrie haben sich die USA und die EU auf Obergrenzen der Subvention geeinigt, so daß sich die Subventionskonkurrenz zwangsläufig auf den militärischen Flugzeugbau verlagert hat.

Technologischer Paradigmenwechsel

Ende der achtziger Jahre wurden von der Behörde zur Abschätzung von Technologiefolgen umfangreiche Studien zur Importabhängigkeit der rüstungsindustriellen Basis in den USA in Auftrag gegeben. Es zeigte sich, daß die Fertigung komplexer militärischer Systeme in erstaunlich großem Umfang vom Import vor allem elektronischer Bauteile abhängig war. Etwa gleichzeitig veröffentlichte eine hochkarätige Forschergruppe ein Buch, in dem sie feststellte, daß sich die Richtung des Flusses technologischer Innovationen zwischen dem militärischen und dem zivilen Sektor deutlich umgekehrt habe. Während die militärische Forschung der Digitalisierung der Informationsverarbeitung den Anschub gegeben habe, seien es seit den siebziger Jahren die zivilen Märkte, die das Innovationstempo bestimmten. Aus dem Spinn-off militärischer Innovationen in zivile Märkte sei längst ein Spinn-in ziviler Komponenten in hochwertige militärische Systeme geworden. Das Innovationstempo der zivilen Industrien auf globalen Märkten wird in der Tat seit dreissig Jahren von hohen Forschungsinvestitionen großer Konzerne bestimmt, für deren Wettbewerbsposition auf globalen Märkten entscheidend ist, wie schnell eine Produkt- oder Fertigungsinnovation marktfähig ist. Aus dieser Logik ergeben sich Forschungsinvestitionen in einer Höhe, die selbst noch das große amerikanische militärische Forschungsbudget unbedeutend erscheinen lassen. Ähnliches gilt für die Kosten einer Produktionsanlage zur Herstellung von elektronischen Bauteilen, die mehr als eine 1 Mrd. ¤ betragen kann und aufgrund der schnellen Innovationszyklen in wenigen Jahren abgeschrieben werden muß. Militärspezifische Entwicklungen sind in diesen Feldern entweder nicht finanzierbar oder aber sie bleiben hinter den zivilen Entwicklungen technologisch um mehrere Generationen zurück.
Veränderungen des militärischen Nachfrageprofils
Der Wertschöpfungsanteil verschiedener Industriebranchen bei der Rüstungsbeschaffung hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert. Zum einen hat eine umfassende Substitution von kostenintensiven mechanischen Steuerungselementen durch elektronische Bauteile stattgefunden, zum anderen sind die eigentlichen Waffen und ihre Plattformen heute in eine umfassende Aufklärungs- und Zielführungsinfrastruktur eingebunden, die inzwischen das militärische Beschaffungswesen prägt. So ist im Marineschiffbau die werftseitige Wertschöpfung auf gut ein Viertel gesunken. Es kommt hinzu, daß immer häufiger leistungsfähige Module aus ziviler Fertigung in Waffensystemen Verwendung finden. Der millionenfach bewährte tdi-Dieselmotor des VW-Golf bildet den Antrieb für den neuen luftverlastbaren "Wiesel".
Militärische Planer verhalten sich gegenüber technologischen Innovationen sehr konservativ. So hatte sich der damals gerade ausgeschiedene Chef von Rheinmetall auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Wehrtechnik im Jahre 1992 allseitig unbeliebt gemacht, indem er sich über die gegenüber den zivilen Märkten bescheidenen technologischen Anforderungen der Heeresbeschaffer mokierte. Hinter dieser Äußerung stand die Forderung, daß der Industrie ein höheres Maß an Eigenverantwortung bei der Technologieentwicklung und Qualitätskontrolle zugestanden werden solle, um schneller zivile Innovationen für die militärische Beschaffung nutzbar zu machen. Aller hinhaltenden Lethargie der Beschaffungsbürokratie zum Trotz wird sich der Trend weg von der Wertschöpfung in der metallverarbeitenden und feinmechanischen Industrie hin zur Elektronik und Softwarebedarfen beschleunigen, deren Innovationstempo von ziviler Nachfrage bestimmt wird. Der tendenziell weiter schrumpfende, verbleibende Kern spezifisch rüstungsindustrieller Wertschöpfung wird sich auf Systemintegration und einige militärische Technologien beschränken, die keine zivile Entsprechung haben.

Das große Mißverständnis: Gorbatchev und Konversion

Als Gorbatchev die Macht im Kreml übernahm, war die sowjetische Ökonomie von Stagnation und die Gesellschaft von Unzufriedenheit mit dem System geprägt. Das politische und wirtschaftliche Mobilisierungspotential war in vielen früheren Kampagnen aufgebraucht worden, ohne langfristig die jeweils gesetzten Ziele zu erreichen. Gorbatchev versuchte innenpolitisch mit einer Anti-Alkoholkampage und außenpolitisch mit Abrüstung den Zerfall der sowjetischen Planwirtschaft abzuwehren. Was im Westen als Systemveränderung interpretiert wurde, war der verzweifelte, aber untaugliche Versuch durch Konversion, die Versorgung mit Konsumgütern zu verbessern.
Der militärisch-industrielle Komplex (MIK) galt als der leistungsfähigste Teil der Sowjetwirtschaft und so wurde unterstellt, daß die Rüstungsindustrie die Produktion ziviler Güter rasch steigern könnte, wenn durch Abrüstung Kapazitäten freigesetzt werden würden. Doch das Vorhaben erwies sich als Illusion. Die privilegierte Stellung des MIK im sowjetischen Planungssystem hatte zu einer fragmentierten Industriestruktur mit absolut unwirtschaftlichen Fertigungstiefen geführt. Die planwirtschaftliche Umstellung auf zivile Produkte war nicht selten mit negativer Produktivität verknüpft, wenn man die eingesetzten Produktionsfaktoren zu Weltmarktpreisen bewertet. Mit anderen Worten, planwirtschaftliche Konversion geriet teilweise sogar zur Kapitalvernichtung. Die weitere politische Entwicklung in Rußland war eine logische Konsequenz der Unmöglichkeit, das festgefahrene sowjetische Planungssystem zu reformieren.

Die große Illusion: Friedensdividende

Die erhofften Wohlfahrtgewinne und das Umverteilungspotential durch die Verminderung der Rüstungsetats in den neunziger Jahren traten zumindest in der erwarteten Form nicht ein. Dies war bei angemessener volkswirtschaftlicher Analyse der Konversionsproblematik auch nicht anders zu erwarten. Die teilweise euphorische Debatte in den achtziger Jahren stützte sich auf punktuelle Denkansätze, die eine beliebige, kostenneutrale Umwidmung militärischer Staatsausgaben unterstellt haben. In dieser Debatte wurden die Chancen der Konversion auf betrieblicher Ebene nicht ernsthaft geprüft, denn dann hätte man erkannt, daß Rüstungsproduktionskapazitäten zivilwirtschaftlich eine Fehlallokation darstellen. Deren Korrektur, also Konversion, erfordert einen erheblichen Kapitaleinsatz. Daher war es gänzlich unrealistisch, von einer unmittelbaren Verfügbarkeit einer Friedensdividende auszugehen. Das unzureichende Verständnis der Konversionsproblematik wurde allerdings durch das plakatierte Selbstporträt der Rüstungsindustrie als führender Hochtechnologiesektor befördert. Daran ist richtig, daß zur Rüstungsfertigung überwiegend besonders knappe und somit auch teure Produktionsfaktoren, vor allem qualifiziertes Personal, eingesetzt werden. Jedoch erfordert eine erfolgreiche Umstellung auf zivile Produktion eine anderes Qualifikationsprofil der Belegschaft und auch eine andere Produktionsgüterausstattung.
Folgerichtig haben zahlreiche Rüstungsunternehmen ihr Risiko durch Diversifizierung gemindert. Diese Diversifizierung wurde jedoch nur in ganz wenigen Fällen durch Umstellung von Betriebsstätten auf zivile Produktion betrieben. Vielmehr wurde durch Zukauf von Betrieben mit ziviler Produktion das Risiko der Abhängigkeit von der Rüstungsbeschaffung gemindert.
Im Hinblick auf Erwartungen an eine Friedensdividende kommt noch hinzu, daß im Kalten Krieg Waffensysteme mit ungedeckten Schecks finanziert wurden. Der Anteil der eigentlichen Beschaffung an den Lebenszykluskosten bis hin zur umweltverträglichen Entsorgung ist oft gering und ein großer Anteil der Kosten noch zu erbringen. Inwieweit die Bearbeitung dieses Erbes Arbeitsplatzerhaltung in der schrumpfenden Rüstungsindustrie ermöglicht, ist im einzelnen zu prüfen. Es bleibt der Befund, daß Konversion ein erhebliches Investitionsprogramm erfordert hätte, dessen Umsetzung aber mit erheblichen Subventionskonflikten verbunden gewesen wäre. Aus Arbeitnehmersicht sind individuelle Qualifizierungsmaßnahmen für die freigesetzten Arbeitnehmer aus der schrumpfenden Rüstungsindustrie als Antwort auf den Umbruch zu fordern.

Antworten auf den militärischen Unilateralismus der USA

Es wird seit dem 11. September viel davon gesprochen, daß Europa seine militärischen Aufwendungen angesichts des größer werdenden waffentechnologischen Vorsprungs der USA erheblich steigern muß. Selbst wenn Europa in diese Falle laufen sollte, dann bedeutet es für die verbliebene Rüstungsindustrie keineswegs einen deutlichen Auftragsschub, denn die militärische Nachfrage würde sich ändern und vor allem Informations- und Kommunikationssysteme betreffen.
Während die USA sich gegenwärtig auf einem Weg befinden, auf dem politische Probleme mit militärischen Mitteln bearbeitet werden, sollte sich Europa aus wohlverstandenem Eigeninteresse davor hüten, den USA auf diesem Weg zu folgen. Europa ist wirtschaftlich auf internationale Kooperation angewiesen und muß daher vor allem nach politischen Lösungen für Konflikte suchen.
Die USA bauen derzeit ein umfassendes militärisches und geheimdienstliches Informationssystem aus, daß den gesamten Globus in Echtzeit erfassen soll. Für Europa gibt es keine Notwendigkeit in eine ähnliche Infrastruktur zu investieren. Denn die zivilen Märkte stellen mit nur geringer Verzögerung gegenüber den gigantischen geheimen Projekten der USA satellitengestützte Informationsdienstleistungen von vergleichbarer Qualität bereit, die für europäische Sicherheitspolitik bei Bedarf genutzt werden können. Mit anderen Worten, europäische Sicherheitspolitik muß auf zivil-militärische Integration bauen und sich militärisch-industriell auf die wenigen Bereiche konzentrieren, die nicht durch Spinn-in ziviler Technologien abgedeckt werden können.